Architektur auf dem Ostwall in Krefeld

Der Ostwall entstand zusammen mit den drei anderen Wällen (Nord-, Süd- und Westwall) im Zuge einer Stadterweiterung zwischen 1817 und 1850. Die Verwaltung Krefelds beschloss die Errichtung neuer Wohnquartiere außerhalb ihrer Mauern, da die Stadt schnell wuchs und Neubesiedlungen bis dahin planlos und ohne Ordnung stattfanden. Im Dezember 1815 beschloss der Gemeinderat offiziell die Erweiterung und beauftragte Wilhelm Goldammer mit der topographischen Erfassung des derzeitigen Stadtbildes. Goldammer zeichnete aus diesen Daten eine „Carte der Stadt Crefeld“, die der Gemeinderat am 19. März 1817 mit einem Bauplan an die landrätliche Behörde in Düsseldorf sandte. Zudem bat der Rat den Regierungsbaurat Adolph von Vagedes, auf Grundlage dieser Ideen einen Erweiterungsplan zu entwerfen.

Gedenkstein für den preußischen Stadtbaumeister

Die von Vagedes geplante und durchgeführte Stadterweiterung um 1819 prägte ganz entscheidend das Krefelder Stadtbild. Der Entwurf sah ein klar gegliedertes Rechteck vor, bei dem die Stadtmauern und Tore beseitigt wurden und die Stadt mit breiten Alleen, Wälle genannt, umrahmt wurde. Der Vagedesblock symbolisiert den Tisch des Planers auf dem das von Vagedes geplante Straßenbild in reduzierter Form angelegt ist. Vier Doppelkammern geben die Lage der ehemaligen Stadttore an, die beiden Kreuze verweisen auf die Hauptkirchen.

Angeregt und gestiftet vom Verschönerungsverein Ostwall.
Ausführung: Bildhauer Michael Franke aus Erkelenz, 2003
Der Jurablock wiegt fast 8 Tonnen, Alter etwa 125 Millionen Jahre.

Geschichte 

Adolph von Vagedes – der Mann, der die vier Wälle erschaffen hat

Adolph Anton von Vagedes (* 25. Mai 1777 in Münster; † 27. Januar 1842 in Düsseldorf) gehörte zu den bekanntesten klassizistischen Architekten und Stadtplanern der Region und arbeitete unter anderem für Karl Friedrich Schinkel. Daneben dichtete und komponierte er. Bei der Neuregelung der rheinischen Verwaltung wurde er 1818 zum Regierungsbaurat ernannt. Er beteiligte sich ebenfalls am Umbau von Düsseldorf, Solingen, Mülheim an der Ruhr oder Elberfeld. Krefeld jedoch war sein größtes städtebauliches Projekt. Adolph von Vagedes war ein deutscher Architekt und Stadtplaner des Klassizismus, der auch als Dichter in Erscheinung trat. Bekannt wurde Vagedes vor allem durch seine Stadtplanung und öffentlichen Bauten in Düsseldorf.

Nach seinem Studium war er zunächst als Architekt in Münster und seit 1809 in Düsseldorf tätig. 1812 wurde er zum Großherzoglichen Bergischen Baudirektor und 1818 zum preußischen Regierungsbaurat ernannt, in welcher Funktion er 1830 nach Köslin versetzt wurde. Als Dichter benutzte er unter anderem die Pseudonyme Philipp Nebeke und Maria. Sein älterer Bruder war der schaumburg-lippische Landbaumeister Clemens August von Vagedes (1760–1795). Das architektonische Schöpfertum des Adolph von Vagedes umfasste nicht nur die Stadtpläne von Düsseldorf und Krefeld. Sein Wirken ist auch in vielen anderen rheinischen Städten wie Aachen, Wuppertal und Rees spürbar. Er gestaltete z. B. das Ratinger Tor in Düsseldorf, war Ideengeber für die Königsallee und die „Düsseldorfer Linden“ und der Initiator der vier „Krefelder Wälle“.

Deutliche Züge seiner Planungen sind heute noch in Krefeld zu erkennen, nicht zuletzt durch das Weiterwirken seines Assistenten und Schülers Heinrich Johann Freyse aus Essen, nach dem Vagedes eigener Schwiegersohn Friedrich Wilhelm Heyden im Sinne der Vagedes’schen Gedankengänge agierte. Adolph von Vagedes war ein äußerst vielseitig begabter Mensch. Neben seiner Tätigkeit als Stadtplaner und Architekt wirkte er auch als Theaterregisseur, Bühnenbildner, Lyriker, Musiker, Mathematiker und Maler.

Die Zeit in der Vagedes lebte, war geprägt von enormen Wandlungen. Im Zeitalter des Spätrokoko geboren, erlebte er das Aufstreben der 1848er Ideen im Rheinland in den fortschrittlichsten Köpfen des Landes. Acht Jahre vor seiner Geburt konstruierte James Watt die erste brauchbare Dampfmaschine, als er starb, waren die Schaufelraddampfer auf dem Rhein und die Eisenbahnen, die regelmäßig zwischen Düsseldorf und Wuppertal verkehrten, schon fast zur Normalität geworden.

Herkunft und Ausbildung

Adolph Anton von Vagedes wurde am 25. Mai 1777 in Münster als siebentes Kind des einstigen kurkölnischen Truchsesses und seinerzeitigen Regierungsregistrators für die Regierung und den münsterschen „Hof-Rat“ Johann Theodor Heinrich von Vagedes und dessen Gattin Constanze von Graff geboren. Getauft wurde er, ebenfalls am 25. Mai 1777, in der Überwasserkirche zu Münster. Zu Taufpaten waren der Vorgesetzte des Vaters, Minister Franz von Fürstenberg und die Comitessa Anna Maria von Plettenberg-Galen auf Schloss Nordkirchen berufen. Im späteren Leben des Adolph von Vagedes sollten diese Patenschaften noch eine nicht unwesentliche Rolle spielen.

Wie seine älteren Brüder Clemens August und Franz Arnold Bernd dürfte Adolf von Vagedes das Gymnasium Paulinum besucht haben. Das anschließende Studium der Rechtswissenschaften an der münsterschen Universität, in welches er sich im Sinne der Familientradition drängen ließ, brach er, wie zuvor schon sein Bruder, Clemens August von Vagedes, ab, um Architektur zu studieren.

Wahrscheinlich wurde Adolf von Vagedes genau wie sein Bruder vom münsterschen Oberbaudirektor Wilhelm Ferdinand Lipper angeleitet, doch gingen die stärkeren Eindrücke vom Beispiel des Bruders aus. Nur eine Entwurfsskizze für einen Hochaltar des Doms zu Münster und die von Adolphs Schwiegervater, dem Ballentrepreneur und Weinhändler Johann Wilhelm Gabler schon 1799 in Auftrag gegebenen Innenraumausstattungen im ersten Stockwerk des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Hauses Neubrückenstraße Nr. 2 lassen bzw. ließen Züge der Lipper’schen, noch stark „barock“ wirkenden, frühklassizistischen Formen erkennen. Von der Vagedes’schen Formensprache ist hier noch wenig zu sehen.

Eindrücke und Lehren von draußen dürften den jungen Adolph von Vagedes schon vor der damaligen Jahrhundertwende enorm beeinflusst haben. Wohl durch den Gedankenaustausch mit seinem älteren Bruder Clemens August wurde er auf das architektonische Anschauungsgut von Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff, Architekt von Fürst Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau, aufmerksam. Seine in den ersten zehn Jahren des 19. Jahrhunderts in Westfalen geschaffenen Arbeiten lassen darauf schließen, dass ihm die von Erdmannsdorff verwirklichten Anlagen in Wörlitz (Sachsen-Anhalt) bekannt waren. Der tiefe Eindruck, den die Erdmannsdorff’schen Bauten, so auch der Parktempel von Wörlitz, bei ihm hinterlassen hatten, zeigten sich später noch oft in seinen eigenen Entwürfen.

Kurze Zeit nach den Begegnungen mit der Erdmannsdorff’schen Architekturgesinnung wurde Vagedes Schüler des Jean-Nicolas-Louis Durand (1760–1834) an der École polytechnique in Paris. Dort lernte er auch Clemens Wenzeslaus Coudray, den späteren Oberbaudirektor Goethes in Weimar kennen, mit dem er lange Zeit in Briefwechsel stand. Auch Johann Peter Cremer (1785–1863), mit dem Vagedes später in Düsseldorf zusammenarbeitete, gehörte zu dieser Zeit zu Durands Schülern.

Die Sorge um das Schicksal seiner Angehörigen und seiner Heimatstadt Münster veranlasste Vagedes zur baldigen Rückkehr in seine Heimat. Münster war, nachdem 1801 der letzte Fürstbischof verstarb, im Jahr 1802 vom preußischen General Gebhard Leberecht von Blücher besetzt worden und wechselte nach dem Spruch des Reichsdeputationshauptschlusses im Jahr 1803 offiziell den Besitzer.

Es kann davon ausgegangen werden, dass Adolph Anton von Vagedes sich seit 1802 wieder in Münster aufhielt, wo er am 4. Mai 1803 die zwölf Jahre jüngere Clara Franziska Gabler heiratete. Nur zwei Monate später verstarb sein Vater im Alter von 74 Jahren. Zu diesem Zeitpunkt lebten nur noch zwei seiner sieben Geschwister und seine Mutter.

Werke

  • 1805–1806 Neubau des Schlosses von Korff. Ein klassizistisches Herrenhaus, erbaut nach dem Vorbild von Schloss Wörlitz bei Dessau.
  • 1805–1812 Umbau des ehemaligen Cölestinerinnenkloster zum Palais Spinrath, Ratinger Straße in Düsseldorf.
  • 1811–1815 Ratinger Tor, das letzterbaute Stadttor von Düsseldorf im Stil eines griechischen Tempels mit dorischen Säulen. Es gilt auch als Vorbild für Schinkels Neue Wache und für die Münchener Propyläen.
  • 1814 Obelisk zu Ehren des Freiwilligen Landsturms des Siebengebirges an der Burgruine Drachenfels.
  • 1815 Helmdach auf der Turmspitze der Kirche St. Lambertus in Düsseldorf.
  • 1817–1819 Planungen für die Erweiterung der Stadt Krefeld. Vagedes entwarf einen ehrgeizigen Plan, der auf einem griechischen Kreuz basierte, doch Berlin zwang ihn, das bestehende Straßenraster einzuhalten. Er weitete es dramatisch aus und umgab es mit einem großen Rechteck aus vier Straßen, den Wällen. Ausgeführt wurde dann der Abriss der alten Stadtbefestigungen und die an ihrer Statt breit angelegten Boulevards, die vier Wälle (Nord-, Ost-, Süd- und Westwall) um 1840 von bislang unbekannten Baumeistern.
  • 1818 Planung eines neuen Kirchenschiffs für das Kloster Gräfrath in Solingen.
  • 1818–1820 Neubau nach Abriss der Evangelischen Kirche Solingen-Wald. Nach Einsturz des Mittelschiffes wurde Vagedes der Weiterbau untersagt. Fertigstellung 1823 unter Friedrich Felderhoff.
  • 1819 Planung zur Vergrößerung und Verschönerung Mülheims.
  • 1820 Planung zur Instandsetzung des herzoglichen Mausoleums der St. Andreaskirche in Düsseldorf.
  • 1826 Schloss Eller unter Einbeziehung des Bergfriedes der mittelalterlichen Wasserburg (Zuschreibung).
  • 1828 Umgestaltung der Vorburg und der Ostfassade von Schloss Varlar.
  • 1828–1832 Neubau der katholischen Pfarrkirche St. Laurentius in Wuppertal-Elberfeld.
  • 1830 Sockel des Reiterstandbildes des Kurfürsten Johann Wilhelm (1658–1716), genannt „Jan Wellem“, auf dem Marktplatz vor dem Rathaus in der Altstadt von Düsseldorf.
  • 1831–1832 Umbau des ehemaligen Gießhaus von Grupello zum Schauspielhaus (Grupellotheater) am Marktplatz in Düsseldorf.

Der Krefelder Stadtplan

Am 19. März 1817 wurde durch die landratliche Behörde die vom Geometer Goldammer erstellte „Carte der Stadt Crefeld“ nach Düsseldorf gesandt mit dem Ersuchen an die Regierung, den zuständigen Regierungsbaurat Adolph von Vagedes aufzufordern, auf der Grundlage dieser Karte Konzepte für einen Erweiterungsplan zu entwickeln. Die Einsender hielten ihr Anliegen für so einfach, dass sie den Plan binnen eines Monats zurückerwarteten. Sie mussten sich jedoch bis zum 5. November 1817 gedulden, ehe der erste Entwurf beim Landrad Kappe in Krefeld ankam.

Vagedes greift in seiner Schöpfung die durch die im 18. Jahrhundert von der Architektenfamilie Leydel geschaffene Grundlage klassizistischer Prägung auf und vollendet diese. Dabei bot ihm das schon vorhandene lang gezogene Grundrissgebilde die Abrundung des noch nicht vollzogenen Rechtecks zum Castrum regelrecht an.

Der Verwirklichung dieses Rechtecks waren jedoch einige örtliche Gegebenheiten im Weg. Der Park, mit dem das Stadtschloss von der Leyen umgeben war, stand der Vollendung der Castrumform entgegen. Die Gestaltung der Nord-Süd-Straßen berührte an einigen Stellen Fabrikanten-Etablissements. Ein Problem, das nicht so leicht zu lösen war. Doch Vagedes stellte sich der Konfrontation mit diesen, ihm hier entgegenstehenden Auffassungen.

Sein vorgelegter Plan vergrößerte den Umfang der Stadt um das Dreifache, eine unfassbare Vorstellung für das Not- und Hungerjahr 1817. Friedrich Heinrich von Conrad von der Leyen und andere warnten immer aufs Neue, dass dieses aufgeplante Gelände erst nach Jahrhunderten ausgebaut sein würde. Doch Vagedes ging es in seinem Bebauplan hauptsächlich um den zukünftigen städtebaulichen Organismus der Stadt.

Bereits bei der Planung der Düsseldorfer Alleestraße hatte er eine Vorstellung davon bekommen, wie eine erneuerte Stadt sich in ihrem Gewicht zu verlagern hatte und dass der Städtebau diese Gewichtsverschiebung anzubahnen habe. Aus diesem Grund begnügte er sich nicht damit, den Anstückelungswünschen der Instanzen, die bei der Regierung um den Plan ersucht hatten, nachzukommen.

Der Vagedes’sche Plan für Krefeld sah zunächst vor, die großen Landstraßen bis zum wichtigsten Knotenpunkt der Stadt zu ziehen oder zumindest von der Stadt her eine Verbindung an das sie umgebende Verkehrsnetz zu ermöglichen. Der Entwurf, der sich am holländischen Prinzip mit seiner geradlinigen Straßenführung orientierte, basierte zunächst auf einem griechischen Kreuz, doch Berlin zwang Vagedes, das bestehende Straßenraster einzuhalten.

Er weitete dieses enorm aus und säumte es mit einem aus vier Straßen, den Wällen, bestehenden großen Rechteck, dessen einzige Abweichung die schräge Einbuchtung war, die an der Dionysoskirche begann. Eine schon bestehende Umwallungsbuchtung erforderte hier einen gewinkelten Übergang. Diese Abweichung hatte Vagedes ebenso in den Entwurf seines Castrums eingearbeitet, wie den Wegeverlauf der bereits festliegenden Lindenstraße im Südwesten und die im Süden gelegene Neußer Straße.

Der Stadtgrundriss war somit charakterisiert durch eine rechteckige Blockstruktur, deren symmetrisch angeordnete Plätze innerhalb eines Rechtecks liegen, das durch die Wälle begrenzt wird. Diese geradlinige, geschlossene Struktur, die in Deutschland nach wie vor einzigartig ist, erinnert in ihrer Form an die Kaiserstadt Pekings. Jedoch ist nicht belegt, dass Vagedes sich an diesem Vorbild orientierte.

Die Planung Vagedes betraf auch den Besitz der renommierten Seidenweberfamilie von der Leyen, die das nicht nur als Eingriff in ihr eigenes Prestige sah, sondern auch als sachliche Beeinträchtigung empfand, da ihr Eigentum im Zuge der besseren Stadtgestaltung angeschnitten wurde. Das „Sackgassen“-Viertel des von dieser Familie ausgebauten nördlichen Stadtteils bildete ein unzweckmäßiges Hindernis, welches Vagedes ungehemmt mittels Straßendurchbrüchen korrigieren wollte. Das nahe Beisammenliegen der Lutherischen Kirchstraße und der von Vagedes geplanten Weststraße war keine Ideallösung, doch musste er hier das von Martin Leydel erbaute Stadtschloss und die Lage der Lutherischen Kirchstraße sowie deren Privatbebauung berücksichtigen. Als er jedoch, um das sperrige Gefüge zu formen, die Vorbauten vor dem Leye’schen Stadtschloss, die Remisen, anschneiden wollte, bildeten sich erste Widerstände gegen das Vorhaben.

Weitere Widerstände waren standesgemäßer Natur. Seitens der „alten Familien“ wurde der Einbruch fremder Zuwanderer in dieses von der Prominenz bewohnte Viertel befürchtet. Scheinbar gruppierten sich die Krefelder „Familien“ in zwei Lager. Während die alten Familien Stellung gegen den Plan bezogen, pflegten die Kreise um Gottschalk Floh, die nach dem Ende der napoleonischen Herrschaft in den Hintergrund gedrückt wurden, Kontakte zu Vagedes. Mit Julius Conrad von der Leyen kam Vagedes erst mit dem Umbau von „Haus Meer“ direkt als Baumeister in Berührung. Später wurde Vagedes vor allem von aufgestiegenen Unternehmerfamilien als Architekt zu Rate gezogen.

Die kluge Einstellung des damaligen Landrats von Krefeld, Georg Phillipp Ludwig Karl Cappe, der mit Sarkasmus und Ironie auf die Widerstände der Gegner des Vagedes’schen Plans reagierte, war wahrscheinlich entscheidend für das Gelingen des Vorhabens. Cappe hatte die Notwendigkeit der durchgreifenden organisatorischen Gesamtlösung für die Stadt ähnlich klar erkannt wie Vagedes.

In den folgenden zwei Jahren ging es darum, die Planung durchzufechten. Trotz intensiver Versuche, sie abzuändern, einzuschränken und zu modifizieren – bis zuletzt stand ein Gegenvorschlag zur Debatte, bei dem der Grundriss in verkürzter Form, kreuzformartig mit Seitenbuchtungen nach Ost und West verlief – erfolgte im Jahr 1819 die Genehmigung.

Die Kabinettsordre vom 27. Mai 1819, welche die Genehmigung erteilte, macht deutlich, dass noch bis zuletzt die Alternativlösung erwogen worden ist. Um das Herzstück des Stadtbauplans, die Beibehaltung der Friedrichsplatzanlage, wurde bis zum Schluss gerungen. Es bleibt das einzige Mal, dass Vagedes in seinem Amt als Regierungsbaurat einen seiner städtebaulichen Gesamtentwürfe durchsetzen kann.

Die Kabinettsordre wurde, im Gegensatz zum üblichen Verfahren, nicht im Wortlaut amtlich veröffentlicht. Die Weitergabe nach Krefeld erfolgte nur im Wortlaut einer Abschrift der Regierung. Im gleichen Schreiben fand sich der Hinweis, dass bei „Beschränkungen“ ein neues Planungsverfahren nötig wäre. Dieses offizielle Schreiben der Kabinettsordre von Düsseldorf nach Krefeld diente dem endgültigen Schutz der Vagedes’schen Lösung. Den Kreisen, die sich gegen die Umsetzung des Plans gewendet hatten, wurde der Passus, der sich auf die alternative Kreuzformlösung bezog, diese aber nicht empfahl, bewusst vorenthalten.

Ostwall, Krefeld

Am 11. Mai 1819 entstand ein konkreter Bauplan für Krefeld. Der zukünftige Ostwall wurde nach diesem erstmals 1826 aufgezeichnet. Vagedes plante, den Ostwall als einen zum Flanieren und Betrachten einladenden Prachtboulevard anzulegen und mit Blumenbeeten, Bäumen und Denkmälern auszuschmücken.

Der Abriss der alten Stadtbefestigungen sowie die Anlage der Boulevards an deren statt (Nord-, Ost-, Süd- und Westwall) wurde von bisher nicht bekannten Baumeistern durchgeführt. Zwischen 1838 und 1840 folgte die Bepflanzung der vier Wälle durch den Gartenbaumeister Maximilian Friedrich Weyhe und seinen jüngeren Sohn Wilhelm August. Später beteiligte sich auch sein älterer, mit Vagedes befreundeter Sohn Joseph Clemens Weyhe an der Gestaltung der Wälle.

Zunächst wurde der Ostwall mit vier Reihen holländischer Linden bepflanzt, zu denen sich bald Rot- und Weißkastanien, Platanen, amerikanische Eichen und verschiedene Ahornarten gesellten. Der Stadtgärtner Haack schmückte die Flächen zwischen den Bäumen in den 1850er Jahren mit Blumenbeeten, auf denen Gewächse wie Riesenhanf, Riesenmais, Canna oder schwarzer Perilla wuchsen. Brunnen und Denkmäler, die als auffällige Blickpunkte das Stadtbild an Straßenkreuzungen zierten, wurden ebenfalls mit Beeten eingefasst.

Der Ausbau des Ostwalls gestaltete sich schleppend. Unzählige Entwürfe, Kabinettsorder, Berichte, Verhandlungen, Reklamationen und Baugesuche verzögerten die Arbeiten. Die Bürgschaft hielt das Gebiet für Bauvorhaben für zu gefährlich, da die Wälle außerhalb der Stadt lagen. Die erste und für lange Zeit einzig befahrbare Straße am Ostwall war die schon vorhandene „Alte Linner Straße“. Zunächst kaum bebaut war die östliche Seite des Boulevards. Selbst in den 1830er Jahren befanden sich auf den zahlreichen umliegenden Feldern kaum Baustellen.

Auf einem Plan von 1861 findet sich die Verlängerung des Ostwalls in südlicher Richtung zum 1849 errichteten Hauptbahnhof hin. Dieser liegt außerhalb des von Vagedes geplanten Rechtecks, da dieser natürlich nicht mit der Einführung der Eisenbahn und dessen Notwendigkeit rechnen konnte. Die Eröffnung des Bahnhofs machte den Ostwall zu einer attraktiven Gegend und infolge zu einem beliebten Wohngebiet. Noch heute erinnern einige Patrizierhäuser daran, dass in der stillen, schattigen Allee hauptsächlich wohlhabende Familien lebten.

Späte Krefelder Jahre

Nachdem Vagedes bei der Umsetzung seines großen Düsseldorfer Plans enorme Streichungen hinnehmen musste, löste er sich immer weiter innerlich von seiner amtlichen Stellung, die er seit 1816 vor allem erstrebt hatte, um seine Planung fortsetzen zu können. Nach 1830 vollzog sich die Ablösung von seinen amtlichen Aufgaben allmählich von selbst, nachdem der Minister Kaspar Friedrich von Schuckmann vergeblich versucht hatte, ihn in einen anderen Regierungsbezirk ver- und durch den Bauinspektor Umpfenbach aus Koblenz ersetzen zu lassen.

Der König selbst hatte diesen Versuch unterbunden und den vorläufigen Verbleib von Vagedes in Düsseldorf verfügt, diesem aber gleichzeitig ein Amt als Privatdozent der Baukunst in Bonn angetragen. Vagedes jedoch wollte nichts anderes als zu bauen und nahm den Lehrauftrag nicht.

Schon lange vorher hatten ihn Privataufträge aus Krefeld erreicht, deren älteste wohl Gottschalk Floh und Peter von Lövenich erteilten. Im Nachlass der Familie Floh, der 1947 in den Besitz des Krefeld-Linner Museums gelangte, finden sich von Adolph von Vagedes handschriftlich signierte Entwürfe für drei Gartenhäuser und ebenso viele Grabdenkmäler. Der Nachlass enthält noch weitere signierte Entwürfe, die jedoch in das heute Bebauungsbild Krefelds nicht immer eindeutig einzuordnen sind.

Die früheste auf diesen Entwürfen von Vagedes eigenhändig gemachte Datierung ist der 10. Juli 1818 und fällt somit in die Zeit der Auseinandersetzungen um die Änderungen seines Krefelder Stadtplans. Einige dieser Planungsskizzen betreffen vermutlich eine Vagedes’sche Gestaltung des „Haus Neuhofen“ bei Bockum, welches im Besitz Gottschalk Flohs war. Andere Blätter betreffen die Anlage einer Floh’schen Familiengruft und wieder andere enthalten Vorschläge für die Gartenhäuser. Signifikant für diese Entwürfe ist, dass sich die auf ihnen dargestellten formalen Ideen in den Entwürfen anderer Krefelder Fabrikantenanlagen artgemäß wiederfinden. Es ist eindeutig feststellbar, dass der Gestalter der Uerdinger Herberzhäuser und des Haus Sollbrüggen auch der Fertiger dieser Blätter ist.

Die Erneuerung des einstigen Rittersitzes Sollbrüggen mit seinen bis an die Straße reichenden Parkanlagen in der Nähe der Uerdingerstraße entstand um 1832. Diese Umgestaltung war durch die alte Struktur des Gutes in gewisser Hinsicht festgelegt. Durch einen eisengegitterten Balkon, dessen Zugangstüren unter einem mit klassizistischen Ornamentmotiven verzierten Dreibogenaufsatz angelegt waren, erhielt das Gebäude eine Noblesse, deren Wirkung auf den stimmigen Abmaßen der Stockwerke und Fenstergrößen beruht.

Etwa zur gleichen Zeit arbeitete Vagedes an den Uerdinger Herberz-Häusern. Im Grundsätzlichen müssen die Entwürfe für diesen vom Uerdinger Kaufmann Balthasar Napoleon Herberz für sich und seine jüngere Brüder in Auftrag gegebenen Dreihäuserbau noch von Vagedes selbst stammen. Die Weiterführung nach 1833 überließ er jedoch vermutlich nach und nach seinen Mitarbeitern Christian und Friedrich Wilhelm Heyden, die gleichsam seine Schwiegersöhne waren, sowie dem späteren Krefelder Stadtbaumeister Freyse.

Spätklassizistische Elemente in den Details lassen erahnen, dass durch diesen Übergang Modifizierungen am Bau vorgenommen wurden. Der Vagedes’sche Gesamtcharakter blieb jedoch vor allem in der Formgebung der Treppenhäuser und Festräume erhalten. Die schlichte Außenfront gibt keine Vorstellung von der Sorgfalt und Großzügigkeit, mit der der Ausbau der Innenräume durchgeführt wurde, welcher sich über Jahre hinzog.

Ursprünglich wurde Vagedes auch die Planung des 1838 bis 1843 erbauten „Schloss Greiffenhorst“ in Krefeld Linn zugeschrieben, da der kreative achteckige Jagdschlossbau mit den heraustretenden doppelstöckigen Stirnflügeln eine Entwicklung der Vagedes’schen Gartenhausprägungen in eine große Form zu sein schien. Mittlerweile wird jedoch davon ausgegangen, dass diese Entwürfe vermutlich vom Düsseldorfer Landbauinspektor Otto von Gloeden stammen.